Traum-Rover - Auto, Motor und Sport - Ausgabe Nr. 8, 1968
Vor ein paar Jahren, als die britische Autofirma Rover noch lhre Turbinenwagen~Experimente in Le Mans machte, dachten Peter Wilks (heute Technischer Direktor) und Spencer King (heutiger Chefingenieur), daß ein sportliches Hochleistungs-Coupé dem Ruf der renommierten Automobilfabrik wohl anstehen würde. Der dynamische Rover-General William Martin-Hurst, der zu jener Zeit gerade mit seinem Lieblingsgedanken spielte, von Buick die Lizenz und die Einrichtungen für die Produktion des Leichtmetall-V 8-Motors zu kaufen, war von der ldee angetan, zumal dieTechniker ihm versicherten, man werde eine Reihe von Aggregaten des Rover 2000 dabei verwenden können. Und der Leichtmetall-V 8, mit 3.5 Liter Hubraum nicht mehr wiegend als der 2 Liter Vierzylinder-Motor des 2000, bot sich für das Projekt geradezu an. Unter King's Leitung entstand so in aller Heimlichkeit ein ungewöhnliches, für die traditionsbewußten Rover-Leute geradezu sensationelles Automobil. King sagte sich: Voraussetzungen für einen sportlichen Wagen angemessener Motorleistung sind, diese Leistung unter allen Bedingungen auf den Boden zu bekommen und über hervorragende Fahreigenschaften zu verfügen. So gab es nur eine Lösung: den V8 als Mittelmotor anzuordnen, der über ein (in Fahrtrichtung) vor ihm liegendes Vierganggetriebe das Drehmoment über eine Welle auf die Hinterachse überträgt. Getriebe, Antriebswellen und DeDion-Tragrohr stammen vom Typ 2000. Durch einige Änderungen an Vergasern und Auspuff erhöhte man die Leistung des V 8-Motors von 160 auf 185 PS. Da der Prototyp mit seiner Stahlkarosserie nur 1070 kg wiegt, ergibt sich der hervorragende Wert von 5,8 kg/PS. Der geneigte Kühler und der Tank befinden sich unter der vorderen Haube, der Gepäckraum hinter dem Motor im Heck. Der Motor selbst ist etwas nach rechts versetzt, so daß neben ihm hinter dem Fahrersitz noch ein dritter, wie es heißt durchaus bequemer, Sitz ermöglicht wurde.
Karossiert wurde der Leyland Rover BS - so sein Name - nicht von der Styling-Abteilung, sondern von den Technikern, und das sieht man ihm wahrlich an. Aber die Karosserie eines Prototyps, solange sie handgemacht ist, kann man Ieicht durch eine andere ersetzen. Man sollte den Wagen nach ihr nicht beurteilen. Das taten die Tester des englischen "Motor" auoh nicht, als sie Gelegenheit erhielten, den fortschrittlichen BS zu fahren und zu prüfen. Auf insgesamt 12 Druckseiten veröffentlichten sie ihre Eindrücke und Meßergebnisse, und der Leser spürt förmlich, wie helle Begeisterung die dicke Haut britischer Kühle aufweicht. Sie können sich nicht erinnern, so sagen sie, jemals vorher ein Auto gefahren zu haben, das unter allen Bedingungen so sehr an der Straße zu kleben schien wie dieses. Seine Beschleunigungswerte (0-96 km/h 6,6 s, 0-128 km/h 11 s, 0-160 km/h 17,4 s) und die Höchstgeschwindigkeit von rund 225 km/h deuten auf ein enormes Fahrvermögen. In Federungs- und Fahrkomfort Iieße sich der BS mit einem kultivierten Tourenwagen vergleichen, und das alles zu éinem exakt durchgerechneten Verkaufspreis von rund 1500 Pfund, entsprechend 14 400 DM.
Das einzig Bedauerliche an dem vielversprechenden neuen Rover-Prototyp bleibt nur die Tatsaohe, daß das Projekt längst gestorben war, als das Management sich bereitfand, die Presse mit ihm bekanntzumachen.
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